Von der Idee zur Tat

Wasser, klares, reines Wasser, ist das wichtigste "Lebens"-Mittel des Menschen. Der Reinhaltung des Wassers, insbesondere der Brunnen, wurde seit jeher die größte Bedeutung zugewiesen. In den städtischen Ballungsgebieten war man oft schon sehr früh gezwungen, eine zentrale Wasserversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, wollte man nicht das wiederholte Aufflackern von Seuchen provozieren.

Anders stellte sich die Situation in den ländlichen Gebieten dar. Hier war bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts die zentrale Wasserversorgung der Bevölkerung kaum denkbar. Jeder Bauernhof und jedes Dorf konnte sich mehr oder weniger zufriedenstellend selbst mit dem so wichtigen Wasser versorgen. Je nach geologischer Beschaffenheit des Bodens konnten Quellen gefasst und abgeleitet oder aber Brunnen gegraben werden. Je tiefer ein solcher Brunnen war, desto reiner war das Wasser.

Im Söding- und Liebochtal lag der Grundwasserstrom nicht besonders tief und es kam immer wieder vor, dass das Wasser leicht verunreinigt und manchmal auch gesundheitsschädlich sein konnte. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann eine grundlegende Umgestaltung und Neuorientierung der ländlichen Lebensweise. Die mehrere Generationen umfassende Bauernfamilie hörte auf zu bestehen, statt dessen wurde die Individualität der Menschen immer stärker betont. Jede Familie wollte ein eigenes Heim, die städtische Bevölkerung zog immer stärker auf das Land und die Folge war eine massive Verdichtung der Bebauung und ein deutlicher Bevölkerungszuwachs. In der Landwirtschaft wurden verstärkt Düngemittel eingesetzt und die vorhandenen Brunnen reichten bald nicht mehr aus. Vor allem aber verschlechterte sich die Wasserqualität.

Sicherstellung von Trinkwasser

Die Gemeinden im Söding- und Liebochtal waren gegen Ende der fünfziger Jahre mit dem Problem der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung konfrontiert. Ökonomierat Fridolin Rolke, zu jener Zeit Bürgermeister der Gemeinde Söding, beschäftigte sich mit diesem dringlichen Problem. Seine persönlichen Kontakte zur Familie der Grafen Meran in Stainz und auch zum Geschäftsführer des Souveränen Malteser Ritterordens in Ligist, DI Spörk, waren ein erster Schritt. Seine Kontakte zu Anton Blumegger, Gemeinderat in Söding und zum Frächter Franz Eberl, der die Waldgebiete auf dem Reinischkogel gut kannte, waren ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer allgemeinen Wasserversorgung. Der dritte Schritt war dann, umliegende Gemeinden für dieses riesige Vorhaben zu interessieren, zu motivieren und schließlich auch zur Mitarbeit heranzuziehen.

Im März 1963 lud er zu einer Informationsveranstaltung, an der Vertreter aus Söding, Pichling, Schadendorfberg und Berndorf teilnahmen. Im Protokoll dieser Veranstaltung heißt es:

"Bei überaus überfüllten Räumen des Gasthofes Zimmermann begrüßt Herr Bürgermeister Rolke die Bürgermeister der Nachbargemeinden. Einige Auszüge aus dem Protokoll: Herr Rolke erklärte, dass schon viele Vorarbeiten geleistet würden ... Quellen in trockenster Zeit gemessen (nicht nachgegeben), acht Mal gemessen ... bei Zusammenhalt kein Problem ... Ergiebigkeit 700.000 Liter ... Verbrauch für Söding, Pichling, Schadendorfberg und Berndorf ca. 500.000 Liter ... Quellen von Malteser zugesagt ... Kosten eines Hausanschlusses würden billiger kommen als ein eigener Brunnen ... Finanzierung nicht entschieden, ob über Landesregierung oder privat ... Über Landesregierung langwierig ..."

In dieser Veranstaltung hatte man unterschiedliche Meinungen über die sinnvollste Vorgangsweise, man kam jedoch überein, einen Ausschuss zu gründen. 


Konstituierende Sitzung

Am 29. März 1963 fand die konstituierende Sitzung des Wasserverbandes Söding-Lieboch statt, an welcher folgende Personen teilnahmen:

  • Bürgermeister Fridolin Rolke, Gemeinde Söding
  • Bürgermeister Rupert Schmid, Gemeinde Lieboch
  • Bürgermeister Karl Ninaus, Gemeinde Schadendorfberg
  • Bürgermeister Karl Hohl sen., Gemeinde Haselsdorf
  • Johann Hübler aus Berndorf als Vertreter der Gemeinde Hitzendorf
  • Franz Leitner als Vertreter der Gemeinde St. Johann Köppling

Als Fachmann auf dem Gebiet des Wasserverbandswesens war Oberbaurat Ing. Gangl vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung anwesend. Dieser informierte über die juristischen und technischen Probleme des Projektes.

Der in dieser konstituierenden Sitzung gewählte Vorstand des Wasserverbandes Söding-Lieboch setzte sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:

  • Obmann: Fridolin Rolke aus Söding
  • Obmannstellvertreter: Rupert Schmid aus Lieboch
  • Kassier: Josef Hubmann aus Söding
  • Schriftführer: Karl Ninaus aus Schadendorfberg
  • Beiräte: Anton Blumegger und Franz
  • Holzapfel aus Söding; Erwin Stanzer,
  • Josef Hösele, Fritz Stefanitis, Josef Mihalits
  • für Lieboch; Josef Stiegler aus Schadendorfberg; Josef Schlögl aus Berndorf; Franz Leitner aus St. Johann; Karl Hohl aus Haselsdorf

Da die ersten Arbeiten, wie etwa Quellfassungen im Reinischkogelgebiet in Eigenregie durchgeführt werden sollten, wurde der Ankauf eines Kompressors beschlossen. Einige Tage später wurden die ersten Planungs- und Vermessungsarbeiten in der Höhe von 140.000 Schilling an die Firma Hanseli übergeben.

Nach der Konstituierung des Wasserverbandes wurden unverzüglich die Satzungen nach dem Vorbild des Wasserverbandes Ehrenhausen ausgearbeitet, im Mai 1963 von den Mitgliedern angenommen und in weiterer Folge die Statuten des "Wasserverbandes Söding-Lieboch-Schadendorfberg" von der Steiermärkischen Landesregierung genehmigt.


Die Suche nach Quellen

Der alles entscheidende erste Schritt war jedoch die Quellensuche. Rolke, Eberl und Blumegger hatten sich bereits vor der Konstituierung des Wasserverbandes sehr intensiv damit beschäftigt, wobei ihnen die guten Ortskenntnisse in den Wäldern des Reinischkogelgebietes zugute kamen. Waren entsprechende Quellen gefunden, musste deren Wasserschüttung festgestellt werden. Diese Messungen mussten über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen, da Quellen je nach Jahreszeit unterschiedliche Wassermengen erbringen können.

Die Verhandlung mit den Eigentümern
Der nächste Schritt war dann die Aufnahme von Verhandlungen mit den Eigentümern der Quellen, die nicht immer sofort zur Zusammenarbeit bereit waren. Im Herbst 1963 hatte die Ergiebigkeit der Quellen durch die lange Trockenheit deutlich nachgelassen und man erkannte die dringende Notwendigkeit, weitere Quellen zu sichern. Durch diese Maßnahme konnte auch in der wasserärmsten Jahreszeit eine Schüttung von mindestens 16 Litern in der Sekunde sichergestellt werden. Im Juli des Jahres 1964 betrug die Ergiebigkeit der Quellen rund 30 bis 32 Liter in der Sekunde, was einen ausgezeichneten Wert darstellte. Die besonders wichtigen Quellen im Bereich des Reinischkogels, im Besitz der Malteser Forstverwaltung, konnten aber nicht käuflich erworben werden. Statt dessen wurde die Entrichtung eines jährlichen Anerkennungszinses vereinbart.


Die Beschaffung der Geldmittel

In der Anfangsphase fehlten die nötigen Geldmittel, um den Ausbau zielstrebig vorantreiben zu können. Um mit den Arbeiten überhaupt beginnen zu können, musste ein Kredit aufgenommen werden, für dessen Sicherstellung die Raiffeisenkasse Mooskirchen und die Sparkasse Voitsberg zehn Bürgen haben wollten. Innerhalb der festgelegten Frist von 3 Tagen konnten jedoch keine zehn Bürgen gefunden werden. Die Geldinstitute begnügten sich daher mit Bürgermeister Rolke, Anton Blumegger und Ernst Winklhofer als Bürgen, die für den benötigten Kredit mit ihrem persönlichen Vermögen hafteten.

Im Sommer 1963 wurden von der Landesregierung erste Förderungsmittel in der Höhe von 100.000 Schilling zur Verfügung gestellt, um die Arbeit an den Quellfassungen nicht zu verzögern. 1964 wurden weitere 300.000 Schilling überwiesen, was jedoch ebenfalls noch nicht ausreichte.

Bei der Sicherstellung der benötigten Finanzmittel änderte sich die Vorgangsweise des Verbandes in der Anfangsphase mehrmals. Zu Beginn war vereinbart worden, dass jeder Anschlusswerber monatlich S 100,- als Anzahlung für die Anschlussgebühr einzahlen sollte. Diese Beträge reichten natürlich bei weitem nicht aus, auch nicht zusammen mit den Fördermitteln des Landes. Ende 1963 waren mehrere Rechnungen offen, so kosteten etwa die bereits verwendeten Wasserleitungsrohre von den Quellfassungen weg allein 194.000 Schilling. Es wurde daher beschlossen, von jedem Mitglied der Wassergenossenschaft eine Anzahlung von 1.000 Schilling einzufordern. Im Jänner 1965, war die finanzielle Situation noch immer nicht grundlegend besser. Die Fertigstellung der Wasserleitung, die dann regelmäßige Erträge gebracht hätte, stand noch länger nicht in Aussicht und zahlreiche Wasserwerber waren nicht bereit, hohe Anzahlungen zu leisten. Obwohl sich einige umliegende Gemeinden um eine Einbindung in den Wasserverband bemühten, beschloss man vorerst das ursprünglich vorgesehene Netz fertigzustellen, um die Kunden nicht noch länger auf ihre Wasseranschlüsse warten zu lassen. Es wurde ein Kredit zur Finanzierung des Endausbaues überlegt, schließlich entschied man sich jedoch wegen der hohen Kosten dagegen. Im Mai 1965 waren Kosten von etwa 2 Millionen Schilling bereits investiert worden und man bemühte sich um eine Förderung des Bundes in der Höhe von 10 Millionen Schilling, um damit die Zuleitung vom Hauptsammelschacht zum Hochbehälter und weiters die Hauptleitung nach Lieboch errichten zu können.

In der ersten Bauphase, bei der Errichtung der Quellfassungen, war der Wasserverband auf die Mitarbeit seiner Mitglieder angewiesen. Wasseranschlusswerber hatten die Möglichkeit, durch ihre Arbeit gegen einen Stundenlohn von S 10,- für Männer und S 8,- für Frauen und Jugendliche, ihre Anschlusskosten zu reduzieren. Im Sommer 1963 gingen die Arbeiten auf Grund weniger ArbeiterInnen sehr langsam voran. Im Spätsommer hatte wohl die Arbeit in der eigenen Landwirtschaft Vorrang.

Rigobert Frühwirth, der nach fast dreißig Jahren als Wassermeister beziehungsweise als Geschäftsführer des Wasserverbandes die Entwicklung genau kennt, erzählt über die Arbeitsweise bei den Quellfassungen: "Da sind Leute mit hinaufgefahren, die ihren Hausanschluss durch die Mitarbeit bei der Erschließung sozusagen abgedient haben. Wie erschließt man eine Quelle? Das ist ganz einfach. Zuerst müssen jahrelang Messungen gemacht werden, um die Mindestschüttung, die Höchstschüttung und die Durchschnittsschüttung einer Quelle herauszufinden. Entscheidend ist die Mindestschüttung. Es gibt Quellen, die sehr stark schwanken und Quellen, die fast gar keine Schwankungen aufweisen, solche sind natürlich besser. Das wenigste Wasser fließt meist im Februar. Erschlossen wird eine Quelle, indem man dort, wo sie aus der Erde tritt so weit hineingräbt, bis man an einen Felsen kommt, wo das Wasser austritt. Das wird dann abbetoniert, vorne eine Wand mit dem Auslauf und einem Überlauf. Dann wird das ganze mit grobkörnigem Schotter gefüllt und wieder zugemacht."Alle Arbeiten von den einzelnen Quellen bis zum Hauptsammelschacht galten als Vorarbeiten und konnten daher vom Wasserverband privat durchgeführt werden.

Nach dem Abschluss der Quellfassungsarbeiten mussten jedoch die Arbeiten an Firmen vergeben werden, um Anspruch auf öffentliche Förderungen zu haben.

Im Sommer 1965 wurde als nächster Arbeitsschritt die Errichtung der Zuleitung vom Hauptsammelschacht zum Hochbehälter am Dietenberg beschlossen. Die Leitungsrohre, rund 5 Kilometer, wurden bei der Firma Eternit bestellt, obwohl das Geld dafür noch nicht vorhanden war.

Vor Beginn der Verlegungsarbeiten musste die Zustimmung der jeweiligen Grundbesitzer eingeholt werden. Bei diesen Fahrten war Gemeinderat Blumegger aus Söding eine unersetzliche Kraft, weil er ein Auto besaß. In einem Tätigkeitsbericht Blumeggers aus dem Jahr 1982 berichtet er über seinen Einsatz: Während der Anfangsphase des Wasserverbandes unternahm er rund 500 Fahrten, davon 60 Fahrten nach Graz zum Landeshauptmann und zum Referenten im Wasserbaureferat, Hofrat Gangl, weiters 435 Fahrten zu rund 700 Besitzern im Bereich der Wasserleitung (zu den Quellenbesitzern, Grundstückseigentümern usw.) und weitere 5 Fahrten nach Wien zu Verhandlungen mit dem Großmeister des Malteser Ritterordens. Sein erstes Auto war ein Topolino, der diesen Strapazen nicht gewachsen war, danach fuhr er mit einem Fiat 850, der aber ebenfalls viele außerplanmäßige Reparaturen brauchte. Treibstoff, Reparaturen, Parkgebühren und Strafmandate bezahlte Blumegger aus eigener Tasche, um die Finanzen des Wasserverbandes nicht über Gebühr zu belasten. Im September 1966 war schließlich die Leitung bis zum Hochbehälter am Dietenberg fertiggestellt und die Gemeinderäte der Mitgliedsgemeinden wurden zur Besichtigung geladen.

In der Presse wurde das Thema "Wasserleitungsbau" immer wieder aufgegriffen, da das Interesse der Bevölkerung an der Fertigstellung des Projektes nach beinahe vierjähriger Bauzeit schon sehr groß war. Unter dem Titel: "Rege Tätigkeit des Wasserverbandes Söding-Lieboch" erschien am 3. Dezember 1966 ein ausführlicher Tätigkeitsbericht des Wasserverbandes in der Weststeirischen Volkszeitung.


Reines Wasser für 460 Anschlüsse

Die Arbeiten in der entscheidenden Phase konnten nicht mehr in Eigenregie durchgeführt werden. Die Baulose I (Leitung vom Hochbehälter Dietenberg nach Söding) und II (Leitung von Söding nach Lieboch) wurden an zwei Tiefbaufirmen vergeben und zusätzlich ein Ingenieur als Bauaufsicht bestellt. Im Juli 1967 stellte der Wasserverband mit Rigobert Frühwirth einen Wassermeister an, der in den folgenden Jahren für die technische Entwicklung im Wasserverband zuständig war. In der Folge wurde ein Hilfsarbeiter angestellt und es wurde ein VW Bus angekauft, um bei dem kontinuierlich anwachsenden Arbeitsaufkommen unabhängiger zu sein. 

Im November 1967 waren die Hochbehälter in Dietenberg, Badegg und Höllberg weitgehend fertiggestellt und man konnte nun die endgültigen Anschlusskosten festlegen. Gegenüber den ursprünglich vorgesehenen Beträgen ergab sich eine Erhöhung um 2000 Schilling, so dass nun 8000 Schilling pro Wasseranschluss verrechnet wurden. Trotz mancher Schwierigkeiten gingen die Arbeiten planmäßig voran, jedoch am 12. Oktober 1967 kam es zu einem traurigen Zwischenfall. Der Landwirt Alexander Hörmann aus Kleinsöding wurde bei Grabarbeiten im Rahmen des Wasserleitungsbaues verschüttet und starb noch an der Unfallstelle. Die Wasserversorgungsgemeinschaft Söding-Lieboch führte damals die Grabarbeiten weitgehend in Eigenregie durch. Beim Ausputzen des Grabens gab plötzlich das Erdreich nach und begrub Alexander Hörmann unter sich.

Im Laufe des Jahres 1968 konnte mit der Fertigstellung der ersten Hausanschlüsse begonnen werden, zu Beginn des Jahres 1969 waren bereits 460 Anschlüsse fertiggestellt. Fünf Jahre nach der Konstituierung des Wasserverbandes Söding-Lieboch waren die ersten Familien mit reinem, klarem Wasser vom Reinischkogel versorgt.

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